
Charles Quintin LeMonds
office@chucklemonds.org
An
Staatsanwaltschaft Graz
Frau Bezirksanwältin Marianne Patzak
Geschäftsabteilung 88
Conrad–von-Hötzendorf Straße 41
8010 Graz
Gleisdorf, 05. 02. 2020
Betreff: Stellungnahme von Charles Q. LeMonds zum Landesamt für Verfassungsschutz; Abschluss- Bericht
Bezug: 88 BAZ 12/20s - 1
Sehr geehrte Frau Bezirksanwältin!
Der Abschlussbericht des Landesamts für Verfassungsschutz GZ: ST/3993/2019 vom 02.01 2020 meine Person betreffend (Charles Quintin LeMonds) beruht auf unzutreffenden Behauptungen.
Dem o.g. Bericht sind Passagen zu entnehmen, welche nachweislich nicht zutreffen und anhand von Zeugenaussagen sowie der existierenden Videodokumentation eindeutig widerlegt werden können:
1. Der Verfassungsschutz behauptet, ich hätte einen Streit mit Herrn Franz Paul Liebmann gehabt. Tatsache ist, dass ich keinen Wortwechsel mit Herrn Franz Paul Liebmann führte. Vielmehr schlug mich Herr Franz Paul Liebmann mit der Faust auf die linke Seite des Gesichts, nachdem er mir das Plakat mit der Aufschrift „Ich liebe meine jüdische Tochter“ entrissen und zerstört hatte. Dies ist nicht nur meiner Meinung nach als Körperverletzung zu werten, sondern auch entsprechend der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof eine grobe Missachtung der Person in aller Öffentlichkeit und daher eine entwürdige Behandlung nach Artikel 3 EMRK dar (VfGH B25/83) und ist daher auch zu verfolgen!
Bereits zuvor wurde ich von Herrn Liebmann belästigt, indem er sich direkt vor mich auf eine Bank gestellt und mir beim Versuch zur Seite zu gehen den Weg mit seinem ausgestreckten Bein zu versperren versucht hatte. So wich ich ca. 5 m zur Seite, um einen Konflikt zu vermeiden. Herr Liebmann folgte mir weiter und griff mich wie oben beschrieben tätlich an.
2. Es wird angegeben, ich hätte Herrn Liebmann mit einer Trillerpfeife in das Ohr gepfiffen. Faktum ist, dass ich keine solche Pfeife besitze und nie besaß.
3. Es wird behauptet, dass ich den „Stinkefinger“ gegen Versammlungsteilnehmer gerichtet hätte. Wahr ist, dass ich einer einzigen Person den nach oben ausgestreckten Mittelfinger zeigte, da diese mich direkt aus kurzer Distanz mit einer Kamera aufnahm.
4. Es wird festgehalten, dass ich nicht Teilnehmer einer Gegenveranstaltung gegen die FPÖ-Kundgebung war, sondern als langjähriger und politisch interessierter Bürger von Gleisdorf (mehr als 20 Jahre) an der öffentlich zugänglichen FPÖ–Wahlveranstaltung teilgenommen habe. Ich war dabei stets gewaltfrei, wenn auch kritisch gegenüber den Inhalten der Redner.
Zwar wusste ich davon, dass eine Veranstaltung unter dem Titel „Für Menschenrechte und Demokratie“ geplant war, ich war aber weder Organisator, noch Teilnehmer dieser. Somit war ich trotz meiner kritischen Haltung eindeutig ein berechtigter Teilnehmer dieser öffentlich zugänglichen Veranstaltung.
In einer Demokratie dienen Wahlveranstaltungen auch dazu, dass sich die wahlberechtigten Bürger*innen über die Wahlprogramme der kandidierenden Parteien aus erster Hand informieren können und sich auch einen direkten Eindruck von Kandidat*innen machen können, die sie ansonsten nie direkt zu Gesicht bekommen.
Eine Interaktion zwischen Politikern und Bürger*innen ist daher grundsätzlich Teil einer solchen Veranstaltung. Es war nirgends erkenntlich, dass nur Mitglieder oder Anhänger*innen der FPÖ Zugang zur Wahlwerbeveranstaltung hätten, sonst hätte die FPÖ wohl eine geschlossen Veranstaltung, womöglich in einem geschlossenen Raum, gemacht.
Meinungsäußerungen sind in Österreich durch die im Verfassungsrang stehende EMRK (Artikel 10) geschützt. In einer Demokratie kann eine bloße Meinungsäußerung von zwei Menschen, noch dazu ohne jeden konfrontativen Charakter, keinesfalls als eine schwerwiegende Störung einer Wahlwerbeveranstaltung gewertet werden. Wenn selbst eine Versammlung in unmittelbarer Nähe eines umstrittenen Staatspräsidenten untersagt werden darf (VfGH B2322/97 zur Untersagung einer Versammlung in unmittelbarer Nähe/Sichtweite des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng auf Staatsbesuch) umso weniger kann eine nicht konfrontative Form von Meinungsäußerung („Ich liebe meine jüdische Tochter“) bei der Wahlveranstaltung mit österreichischen Politikern untersagt werden.
Die vom Staatsschutz vorgeworfene „schwerwiegende Störung“ der Versammlung durch Pfeifen war zudem nicht vorab geplant, weil bloß das stille emporhalten eines unverbindlichen Denkanstoßes in Form eines Schildes geplant war.
Das Pfeifen war eine spontane Handlung als Reaktion auf die konkret wahrgenommene Rede vom damaligen Innenminister Herbert Kickl. Eine Interaktion in Form von zustimmenden aber auch ablehnenden Zurufen gehört aber zur politischen Kultur einer westlichen Demokratie wie Österreich.
Künstler*innen zum Beispiel haben selbst im Burgtheater mit zustimmenden und ablehnenden Interaktionen seitens des Publikums zu rechnen.
Am Bericht des Verfassungsschutzes fällt auf, dass geradezu mechanisch immer wieder der Vorwurf der „erheblichen Störung“ einer Versammlung vorgebracht wird, ohne diesen Vorwurf auch nur durch irgendein nachprüfbares Faktum zu belegen.
Bei der „erheblichen Störung einer Versammlung“ handelt es sich um eine rechtliche Wertung, die den Gerichten zukommt und nicht einer Behörde, die lediglich die Erhebungen sachlich und objektiv zu erledigen hat!
Die „erhebliche Störung einer Versammlung“ ist im StGB § 285 abschließend geregelt. Nicht ein Tatbestand wird auch nur halbwegs nachvollziehbar durch belegbare Fakten untermauert! Nicht eine einzige Person wird angeführt, die aufgrund der Meinungsäußerung und des Pfeifens nicht an der Versammlung teilhaben konnte, sprich diese verlassen musste.
Der „Bericht“ des Landesamts für Verfassungsschutz ist voll von wertenden Begriffen wie „Versammlungsgegner“. Eine Meinungsäußerung in einer Versammlung wäre aber nicht möglich, wenn es die Versammlung nicht gäbe! Es gab daher kein Interesse die Versammlung „erheblich zu stören.“
Die Vielzahl an negativen Wertungen über beschuldigte Menschen kann auf eine negative Einstellung bzw. ideologische Schlagseite von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes hinweisen, die im Gegensatz zur Österreichischen Verfassung steht. Auch eine persönliche Befangenheit, eine persönliche Nähe zur FPÖ wäre eine Erklärung.
Zudem verletzt der Steirische Verfassungsschutz mit seiner vorverurteilenden Sprache den im Verfassungsrang stehenden Grundsatz der Unschuldsvermutung (Artikel 6 EMRK), der ein wesentliches Fundament des Rechtsstaates in einer Demokratie ist!
Es wird auch nicht erläutert, mit welchen Methoden der Steirische Verfassungsschutz in der Lage ist, anhand eines Fotos, bei dem Menschen ruhig stehend etwas beobachten, die Absicht erkennt, eine Versammlung erheblich zu stören. Derartige telepathische Fähigkeiten könnten eine wissenschaftliche Sensation darstellen und in der Prävention von Straftaten wertvolle Dienste leisten.
Ich hatte mich aus folgenden Gründen zur Teilnahme an der Veranstaltung mit einem Plakat in der Hand entschlossen:
Der ehemalige Innenminister Herbert Kickl war auf der Veranstaltung als Redner vorgesehen. Ich war zutiefst betroffen von den Aussagen Herrn Kickls während seiner Amtszeit als Innenminister, vor allem der folgenden:
„ .. dass Flüchtlinge an einem Ort konzentriert gehalten werden sollen…“
Diese Aussage hat nicht nur aus meiner Sicht klare Assoziationen mit dem Nationalsozialismus, wie aus der lebendigen Diskussion nach dieser verbalen Entgleisung des Innenministers in allen seriösen Medien Österreichs nachvollziehbar ist. Ich war von dieser und von zahlreichen ähnlichen antisemitischen Aussagen und Anspielungen aus dem Mund von FPÖ–Politikern auch deswegen besonders fassungslos und schockiert, da meine 19jährige Tochter Jüdin ist. Sie lebt derzeit in Israel. Ich selbst lebe seit 28 Jahren in Österreich, in denen ich die Entwicklung der FPÖ kritisch beobachten konnte. Ich bin als Musiker, Komponist und seit 17 Jahren auch als Native Speaker von Englisch in Volksschulen erwerbstätig.
Ich habe mich zur Teilnahme an der Veranstaltung der FPÖ entschieden, um meine Stimme gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung zu erheben. Ich fühle mich durch die in der Ausgabe der Kleinen Zeitung vom 28.01.2020 abgedruckten Aussagen von Herrn Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen und Herrn Vizekanzler Werner Kogler, ebenso wie von Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz bestätigt, in welchen die drei Politiker dazu ermutigen, Zivilcourage an den Tag zu legen, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft, Sprache oder wegen ihres Aussehens zu Außenseitern gemacht werden und dagegen aufzutreten.
Zusammenfassend:
Kein einziger Tatbestand des als Rechtsgrundlage des Ermittlungsverfahrens genannten § 285 StGB ist auch nur ansatzweise erfüllt:
1. der Versammlungsraum war frei zugänglich. Zwei einzelne Personen können diese daher auf nicht alleine durch das hochhalten von je einem Schild von etwa 1 Meter breite unzugänglich machen.
2. ebenso wurde niemanden der Zugang erschwert oder verunmöglicht. Bei einer Versammlung, die laut Verfassungsschutz 500 Personen umfasst und im öffentlichen Raum ohne jede Abzäunung stattgefunden hat, physikalisch ein Unmöglichkeit.
3. da die Versammlung frei zugänglich war, kommt der Vorwurf, unbefugt eingedrungen zu sein, ebenso überhaupt nicht in Frage.
4. es wurde auch keine „zur Leitung oder Aufrechterhaltung der Ordnung berufene Person verdrängt“ da eine solche nicht in Erscheinung getreten ist. Der Ordnungsdienst einer Versammlung muss nämlich als solcher für jedermann erkenntlich sein!
Wie auch die Fotos eindrucksvoll belegen, haben sich die umstehenden Menschen offenbar nicht an der Teilnahme an der Versammlung gestört gefühlt, sonst würden diese auch nicht einfach auf die Bühne blickend ruhig dastehen!
Antrag
Aus Sicht der Verfahrensökonomie erscheint es gegenüber den Steuerzahler*innen nicht verantwortbar, bloß wegen einiger Minuten, in denen ich gepfiffen habe, gleich ein teures Gerichtsverfahren in Gang zu bringen und so die knappen Ressourcen der bereits überlasteten Justiz unnötig in Anspruch zu nehmen. Das wäre zudem auch ziemlich unverhältnismäßig!
Da die Voraussetzungen einer Strafverfolgung nicht einmal annähernd erfüllt sind, wird die Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z 1 StPO beantragt.
Mit freundlichen Grüßen
Charles Quintin LeMonds
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